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Der Grubenarbeiter und die Monster

Philosophisches zu Minecraft

Lange Zeit habe ich mich nicht großartig mit dem Spiel Minecraft beschäftigt. Die wahre Magie des Spiels hatte sich mir lange verschlossen. Jetzt tauche aber doch so langsam ein und beginne zu verstehen, was die Anziehungskraft von Minecraft ausmacht: Minecraft ist ein durch und durch philosophisches Spiel, ohne abgehoben zu wirken.

Schöpfungslust

Ein Bauprojekt in Minecraft

Seit wir als kleine Kinder anfingen die Welt zu begreifen, erfuhren wir auch den Zauber unserer Schöpfungskraft. Was ist das für ein Wunder: Wir landen in einer Welt voller Überraschungen. Eine Welt, in welcher wir auch noch selbst etwas erschaffen können, was zuvor nicht existierte. Die Erde in unseren Händen lässt sich zu wunderbaren Figuren formen. Die nächste Stufe der Schöpfungslust erreichen wir, wenn wir so etwas wie Bausteine in die Finger bekommen. Wir setzen einen Stein auf den anderen und erleben, wie sie plötzlich beide ihre Teilhaftigkeit verlieren und zu einem neuen Ganzen verschmelzen. Und wir erhalten die Macht, unsere Gebilde nicht nur aufzubauen, sondern auch nach Belieben einzureißen. Minecraft ist eine ganze Welt aus Klötzchen. Für große Kinder.

Grundängste

Eine Monsterfalle mit Spawner in Minecraft

Doch Minecraft ist mehr als digitales Lego. Zumal es dafür bessere Lösungen gibt. Minecraft konfrontiert uns auf eine ganz spezielle Weise mit unseren Ängsten und Grundbedürfnissen. Zumindest im Survival-Mode. Man landet zunächst in einer feindlichen Welt. Feindlich? Sieht doch alles ganz nett aus. Tja solange es hell ist zumindest. Denn in der Nacht kommen die Monster. Ja, die Angst vor der Dunkelheit – in Minecraft ist sie wichtig fürs virtuelle Überleben.

Die ersten eigenen vier WändeScreenshot einer Wohnung in Minecraft

Also muss schnellstmöglich eine erste Bleibe gefunden werden – möglichst unzugänglich für Monster. Und man braucht Licht, denn das hindert die Monster daran, unerwartet aufzutauchen. Sie treten nur an dunklen Ecken in die Minecraft-Welten und das Sonnenlicht bekommt ihnen nicht so gut. Zumindest den meisten nicht. Und schon ist man mittendrin in der Spirale. Denn für Licht braucht man Fackeln und für Fackeln braucht man Kohle und Holzstäbe und. Selbst wenn man gerade nichts im Kopf hat, was man hier und da nettes bauen könnte ist man immer auf der Suche nach Rohstoffen und Nahrung. Minecraft wirft uns zurück auf eine Stufe, auf welcher uns ein bisschen wie unsere Vorväter fühlen dürfen. Wir im Kampf mit den Elementen.

Lösemittel?

Aha, Minecraft löst also Probleme, die man ohne Minecraft nicht hätte? Ja, das wirkt erst einmalmal seltsam. Gibt es ja im Real-Life genug anzupacken. Doch Minecraft hat einen großen Vorteil gegenüber dem echten Leben: Es reduziert die Komplexität der Dinge auf ein überschaubares Maß. Eine Welt aus Würfeln – Quader, praktisch gut. Es gibt relativ wenige, dafür sehr feste Regeln, nach denen die Welt funktioniert. Diese findet man schnell durch Ausprobieren heraus. Oder man spickt bei anderen. So bekommt man so ziemlich jedes Problem einfach in den Griff. Zur Not schaltet man einfach für eine Weile die Schwierigkeitsstufe herunter, sodass einen die Monster nicht mehr piesacken können. Minecraft – die heile Welt als digitaler Rückzugsort? Wie gute Bücher, Filme und andere Kunstwerke bietet sich Minecraft natürlich auch zur Realitätsflucht an. Schließlich verleiht Minecraft dem Spieler nicht nur eine Fülle an kreativen Möglichkeiten, sondern liefert im Multiplayer-Mode auch soziale Kontakte gleich mit. Wie sooft gilt es, das richtige Maß zu finden.

Die großen Fragen

Screenshot eines Creepers in Minecraft

Minecraft vereint jedoch nicht nur Schöpfungslust und menschliche Grundängste, sondern stellt auch die großen Fragen des menschlichen Seins. Was für einen Sinn findet man in dieser Welt? Welche Ziele verfolge ich und warum? Andere Spiele haben hierfür feste Antworten parat. In Minecraft bleibt es dem Spieler selbst überlassen. Die simpelste Antwort mag lauten: Ich bin im Spiel, also spiele ich. Ich baue das jetzt und hier. Weil ich es kann.  

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