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PRIMARK-Tüten

Blau auf Braun

Raschelnd schieben sich braune Papiertüten in kleinen Grüppchen über den Bahnsteig. Sie sind gefüllt mit billigen Klamotten und tragen den blauen Schriftzug des neuen Fashion-Discounters PRIMARK. Geschleppt werden die Tüten vorzugsweise von pubertären Mädchen. Besonders während der Osterferien. Offenbar war der Osterhase spendabel. Von Beträgen im Bereich von 160 Euro berichten die jungen Konsumentinnen freimütig. Sie berichten auch davon, was für ein Ansturm PRIMARK gerade erleben muss. Da ist von Schlangen vor der Umkleide die Rede. Und von Sicherheitspersonal.

Papiertüte mit Primark-Logo

Hauptsache was gekauft?

Doch nicht nur dieses Chaos scheinen die Käuferinnen in Kauf zu nehmen: Sie präsentieren ihren Mitstreiterinnen Teile in Größe 42, obwohl ihre Figürchen vielleicht Größe 34 – maximal Größe 36 – ausfüllen. Egal, Hauptsache irgendwas ergattert, auch wenn es die richtige Größe nicht mehr gab. Mir fällt unweigerlich ein Spruch aus einer SWR3-Comedy-Sendung ein: „Wenn du nie was kaufst, kannst du auch nie was sparen!“.

Beschaffungskriminalität

Das absurdeste kommt erst noch: Den Teenagern ist völlig bewusst, dass ihre Klamotten nur so günstig sind, weil die Näherinnen als moderne Sklaven ausgebeutet werden. Die Mädchen kennen sich erstaunlich gut aus, was die Löhne der Arbeiterinnen angeht und wie viele Stunden diese arbeiten müssen, um irgendwie über die Runden zu kommen. Ein kurzes betretenes Schweigen in der Runde der Jugendlichen. Dann meint plötzlich eine: „Oh, kann ich nochmal schnell zurück, ich habe was vergessen.“ Die Mädchen kichern – der Zug ist schon eine ganze Weile unterwegs.

Verantwortung?

Doch wer kann es den Fashion-Victims ernsthaft verdenken? Auch wenn ich der Einstellung nichts Gutes abgewinnen kann: ist der Hype auf PRIMARK nicht einfach nur ein weiteres Spiegelbild unserer Konsumgesellschaft? Kann die namhafte Konkurrenz wirklich Alternativen bieten? Wem kann man die Verantwortung zumuten? Den Mädchen? Den Unternehmen? Der Politik? Der Gesellschaft?

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Schwelgen unter Stahl

Der Hauptbahnhof in Karlsruhe strahlt eine ganz besondere Stimmung auf mich aus. Vor allem dann, wenn ich an einem der Bahnsteige Zeit zum Warten habe und es dunkel ist. Mächtig und stolz ragt die Stahl- und Glaskonstruktion des Hallendaches in die Dunkelheit. Sie versetzen mich gedanklich zurück in die Hochzeit der Eisenbahn.

Stahlkonstruktion Bahnhof Hauptbahnhof Karlsruhe

In hohen Bögen schwingen sich die Träger über die Gleise. In der Mitte, am Scheitelpunkt des zwischen den Trägern gespannten Gewölbes sind in regelmäßigem Abstand Lampen angebracht. Sie werfen jedoch nur einen erstaunlich schwachen Lichtkegel auf die Bahnsteige und tauchen diesen somit in ein zartes Dämmerlicht. Auch die digitalen Anzeigetafeln, die beleuchteten Reklamekästen und die Bahnhofsbeschilderung strahlen angenehm sanft und zurückhaltend. Dazu glimmern die roten, gelben, weißen und grünen Kreise der Signale. Die Züge strahlen manchmal ein warmes, gelbliches Licht aus. Manchmal auch ein eher bläuliches, kaltes.

S-Bahn Hbf KA

Das wunderbare Lichterspiel wird durch eine einzigartige Geräuschkulisse ergänzt. Wenn der Wind durch die Bögen pfeift, klatschen Kabelstränge an die Konstruktion. Von anderen Bahnsteigen schallen die immer gleichen Ansagen herüber, doch eher gedämpft – zumindest nicht so schrill wie an anderen Bahnhöfen. Die Gleise singen leise, wenn Züge in der Ferne einfahren.

IC Hbf Karlsruhe

Nur wenn ein einfahrender Zug sein Ziel erreicht, dann folgen einige Momente, die den friedlich dämmernden Zustand des Bahnhofs durchbrechen. Dann kreischen Bremsen, schlagen Türen auf und drängen klappernd Absätze und plaudernd Menschen über die Bahnsteige. Dann geht es zu wie an allen Bahnhöfen der Welt.

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