19. August 2011 · 14:00
Einst lebten in einem Wald viele Eichhörnchen und ein jedes sammelte Nüsse für den Winter, um nicht zu verhungern. Uns sie vergruben die Nüsse, sodass niemand sie stehlen konnte. Doch nicht jede Nuss gruben sie wieder aus, denn sie vergaßen die ein oder andere Stelle und doch hatten sie genug.
Da wart aber ein junges Eichhörnchen, das hörte von einem Ort, an dem man alle seine Nüsse verwahren konnte, sodass keine verloren ginge, gar vermehren würden sie sich. So erzählte es seinen Eltern, was für ein wundervoller Platz dies sei. Die Eltern aber lachten nur und fragten: „Wie soll das denn gehen, dass sich die Nüsse vermehren?“ Das Kind sprach: „An jenem Ort ist einer, der wacht über die Nüsse und lagert sie im Fels, wo kein Anderer je hingelangt. Dem vertraue ich meine Nüsse an und kann sie doch jederzeit holen! Er nimmt nur einen Teil für sich, da er ja nicht weg kann, um selbst nach Nüssen zu suchen. Das Alles schreibt er mir auf ein Blatt. Wie viel ich ihm gab, um welchen Anteil es sich vermehren soll und welchen Anteil er sich nimmt.“
Die Eltern aber wunderten sich: „Doch dann vermehren sie sich ja nicht, Kind, sie werden weniger!“ „Deswegen gibt der Verwahrer ja einen Teil der Nüsse weiter an einen, der Nussbäume daraus zieht und der schreibt ihm alles auf ein Blatt. Der Pflanzer hat viele Nussbäume an einem Ort und viele Helfer, die mit ihm die Nüsse sammeln. So wird aus einer Nuss ein Nussbaum und aus dem Nussbaum viele Nüsse. So vermehren sie sich.“
„Kind, das kann nicht sein, wenn es mit rechten Dingen zugeht. Denn wenn der Pflanzer und seine Helfer und der Verwahrer alle ihren gerechten Anteil haben wollen, wie soll es sich da vermehren?“ „Nun, doch, keine Nuss bleibt ja ungenutzt im Wald verborgen. Mehr aber noch: Der Verwahrer betrachtet alle Pflanzer im Wald und schaut, welcher wohl die meisten Nüsse sammeln kann. Wenn er meint, dass ein Pflanzer mehr Nüsse sammeln kann, als der, dem er zuerst die Nüsse gab, dann versucht er sein Blatt zu tauschen gegen das Blatt des Verwahrers, der dem zweiten Pflanzer die Nüsse anvertraut hatte. So sucht er die besten Blätter zu erhaschen, die er finden kann, um so die meisten Nüsse daraus zu gewinnen.“
„Ach Kind! Das ist ja grauenvoll! Denn wie kannst du dir sicher sein, dass dein Verwahrer die richtigen Blätter hat? Was, wenn ein Sturm kommt und alle Nussbäume eines Pflanzers knickt, da sie doch alle an einem Ort sind? Dann sind alle deine Nüsse nichtig. Außerdem ist es doch Betrug, wenn der eine Verwahrer dem anderen Verwahrer ein Blatt gibt, von dem er denkt, es sei schlechter, als das, was er erhält!“ „Nein, nein Eltern, es ist doch kein Betrug, da alle Verwahrer es so machen und sie wissen es. Es ist eine Frage des Geschicks und des Glücks. Aber ihr nennt doch den Gewinner beim Spiel auch nicht Betrüger, weil er die Chancen nutzt, die sich ihm durch sein Geschick und sein Glück bieten. Und was die Stürme anbelangt, so hat der Verwahrer auch Helfer, die schauen in dem Himmel und beurteilen, wo die Stürme kommen mögen. Auf die vertraut er und gibt ihnen einen Teil der Nüsse ab, damit sie ihm helfen. Dann kann er den Pflanzern die Nüsse geben, wo die Beurteiler ihm sagten, dass kein Sturm droht.“
Die Mutter ist entsetzt und klagt: „Oh je, oh je! Was für Kummer tragt ihr in das Land? Denn ist es doch nicht wie im Spiel, wo nichts wirklich zu verlieren ist! Denn wer kann schon mit Sicherheit die Stürme vorhersagen? Kennen die Beurteiler denn alles? Wissen sie die Himmelsbewegungen alle? Kennen sie die Pflanzer alle? Der eine mag tüchtiger sein als der andere. Kennen sie die Böden an jedem Ort? Der eine eignet sich mehr für Nussbäume als der andere. Kennen sie all die Verwahrer und wie geschickt und wie glückvoll sie sind? Wie können sie das alles wissen? Doch hängt doch alles von den Beurteilern ab, welche Blätter wie viel gelten! Sie können es bestimmen, welcher Pflanzer die Nüsse mit wenig Blättern bekommt, und welcher viele davon braucht. Das ist doch kein Gleichmaß! Und wenn es kein Gleichmaß ist, wird einer seine Nüsse nicht wiederbekommen, und wenn es einen geben kann, dann kannst du das auch sein, Kind. Da hilft dir all dein Vertrauen nichts! Oh je, oh je, Kind!“
Und der Vater nahm das Kind beiseite und sagte: „Kind, was deine Mutter spricht, ist wahr. Eins aber noch will ich dich fragen: Wenn du es wärst, der verliert, was willst du dann für den Winter essen? Und wenn du es bist, der gewinnt, was willst du dann mit all den Nüssen? Wer soll sie essen? Was nützen sie dir mehr, als die, welche du selbst gesammelt hast? Schau, dass wir die Nüsse nicht alle aus dem Boden holen, bringt doch immer neue Bäume hervor an neuen Orten, sodass ein Ausgleich besteht. Und alle haben etwas davon, denn es gibt immer neue Bäume, mögen die alten auch im Sturm knicken oder mal einige wenig Frucht tragen. Es sind doch so für alle der Nüsse genug!“
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