Tagesarchiv: 26. Juli 2011

Fundstücke V: Ulrich Beck: Der Kosmoplitische Blick (3)

Folgendes Zitat aus unten genannter Quelle ist ein für das Buch zentrales:

S. 118: „Mit der Kosmopolitisierung [Anmerkung: Dies ist, nach Beck, ein unumkehrlicher Prozess, den wir bereits erfahren.] treten an die Stelle von national-nationalen Beziehungen trans-lokale, lokal-globale, trans-nationale, national-globale und global-globale Beziehungsmuster.“

Beck fordert nicht nur die Wissenschaften auf, sich dem zu stellen, was für ihn längst Realität ist: der Kosmopolitisierung der Menschheit. Das heißt der national konzentrierten Blickweise, welche er vorzufinden glaubt, eine kosmoplitischen Blickweise entgegen zu stellen. Damit meint er nicht die Sicht einer Aufhebung der Nationen, eines multikulturellen Nebeneinanders oder eines monokulturellen Breis, sondern eine Vorgehensweise, welche die anerkennt, dass die Kategorien von national begrenzten Gesellschaften in der aktuellen Epoche nicht mehr die Wirklichkeit abbilden können.
Seine Vorstellung von so einem Blick ist schwer zu greifen. Das liegt an seiner Konzeption. Es geht eben nicht mehr um klare, starre Muster, sondern um ein Hinterfragen und Neugestalten dieser Denkweisen, was zu einem Ergebnis führt, dass selbst immer wieder aktualisiert werden muss. Wie das konkret aussehen kann, ist allerdings, meiner Meinung nach, leider nicht 100%ig dargelegt.

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Fundstücke IV: Ulrich Beck: Der Kosmoplitische Blick (2)

Aus unten genanntem Buch fiel mir auch folgendes Beispiel auf:

S.36: In der globalisierten Welt besteht der Drang zu einer „zwanghafte[n] Vortäuschung von Kontrolle über das Unkontrollierbare“.

Hier bezieht sich Beck auf die Ansicht, dass die Menschheit mehr und mehr kosmopolitisiert wird, indem wir alle gemeinsame Katastrophenerfahrungen teilen. Gemeint sind etwa die Bedrohung durch die Auswirkungen des Klimawandels, internationaler Terrorismus oder die Risiken der nuklearen Bewaffnung und der Kernkraft. Die Grenzenlosigkeit dieser (möglichen) Katastrophen und die massenmediale Präsenz schaffen, nach Beck, eine Globalisierung der Emotionen. Dies kann zum Zusammenrücken der Menschheit führen, birgt aber zugleich das Potential für Konflikte und für Verunsicherung und einem Ohnmachtsgefühl führen.
Ich denke, Letzteres ist, die aktuellen Terrorakte in Norwegen betrachtend, besonders hervorstechend. Denn ich glaube, genau diese Verunsicherung und das Ohmachtsgefühl können Menschen zu solchen Taten bringen. Allerdings sollten wir zwei Fehler dabei vermeiden: Den Glauben wecken, man könnte 1) mit Verboten von gruppierungen solches Handeln unterbinden und 2) Generalverdacht und Totalüberwachung solche Taten in jedem Fall verhindern. Gedanken, Ideologien, Gefühle und Ängste lassen sich nicht verbieten und begrenzen, wenn man versucht, sie einzusperren. Es gibt keine totale Überwachung und sie brächte auch keine totale Sicherheit. Ich denke, wir können dem allen begegnen, wenn wir die Ängste nicht tabuisieren und so in die Düsterheit verbannen. Stattdessen sollten wir sie zulassen und aussprechen. Wenn wir den Konflikt zulassen und offen austragen, kann er auch zu einer Lösung kommen. Dass man damit Alle erreicht, ist wohl eine Illusion. Es aber nicht zu tun, scheint mir wie eine Kapitulation vor den Extremisten und ihren Ideologien – ein Sich-Einrichten-mit-der-Angst.

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Fundstücke III: Ulrich Beck: Der kosmopolitische Blick (1)

Hier einige Zitate aus: Beck, Ulrich: Der kosmopolitische Blick. Oder: Krieg ist Frieden, Frankfurt a. M.: Suhrkamp 2004.

Eine interessante Einschätzung zu den Auswirkungen der modernen Informationstechnologie:

S. 157: „Je Selbstverständlicher das Fernsehen, aber auch die Mobiltelefone und das Internet zur Innenausstattung des eigenen Lebens gehören, desto mehr wird das Schneckenhaus der Privatheit zum Schein, weil es in die Prozesse der inneren Globalisierung einbezogen wird. Denn die häusliche informationstechnologische Innenausstattung hebt partiell die Grenzen von Zeit, Raum, Ort, Nähe, Ferne auf. Dies läßt die Abwesenden potentiell immer und überall anwesend sein.“

In meinen Augen weist diese Passage daraufhin, wie sehr sich die Kosmopolitisierung, wie sie Beck in seinem Buch beschreibt, an uns bereits vollzieht. Wir heben bisher feste Grenzen von Privatheit und Öffentlichkeit selbst zum Teil auf oder machen sie unscharf. Natürlich bleibt es jedem selbst überlassen, wie weit er dies tut, wer sich aber im sozialen Netz bewegt, schneidet meist zumindest Fenster in sein Schneckenhaus. Und das bewusst und gewollt. Dabei gilt natürlich die Binsenweisheit: Alles hat (mindestens) zwei Seiten. Chancen und Risiken. Das ist auch ein Teil dessen, was Beck als typisches Merkmal des Kosmopolitischen beschreibt: Kein Entweder-Oder, sondern ein Sowohl-als-Auch.

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